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Bau einer Lederscheide

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Vorgeschichte

Nachdem ich mein erstes Messer selbstgebaut hatte, mußte dafür natürlich auch eine Scheide her. Da ich kein Kydex hatte blieb eigentlich nur noch eine Lederscheide übrig. Als ich in der Diskussion zu meinem ersten Messerselbstbauprojekt in der Entscheidung für eine Lederscheide bestärkt wurde und die Bitte geäußert wurde doch auch darüber einen Artikel zu veröffentlichen, habe ich mich also an's Werk gemacht und auch den Enstehungsweg der Scheide mit dokumentiert.

Für den Bau dieser Scheide habe ich mich an der Anleitung von Bob Loveless aus dem unten gezeigten Buch "How to Make Knives" orientiert.

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Verwendetes Material

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der Grundschnitt

Als erstes kommt einmal der Grundschnitt. Um nicht mit dem teueren und schwer zu schneidenden Leder herumexperimentieren zu müssen erst einmal in leicht zu biegender, nicht brechender Pappe (in meinem Fall Röntgenfilmtasche).

Als erstes zeichnet man eine Gerade, die etwas länger als das Messer ist. Jetzt wird der Messerrücken auf dieser Gerade ausgerichtet und vorsichtig --- damit man es dabei nicht verschiebt --- auf eine Seite umgekippt. Anschließend im Abstand von etwa 2,5cm eine Linie um die schneidenseitige Kontur des Messers ziehen und den griffseitigen Abschluß mitsamt einer Gürtelschlaufe zeichnen. Dann kommt das Messer weg, und das Ganze wird an der Geraden so gefaltet, daß das Gezeichnete außen liegt. Griff zur Schere und an der Linie entlang ausgeschnitten. Wieder auseinander falten und auf einer Seite den Gürtelschlaufenfortsatz wegschneiden. Jetzt hat man schon einmal eine unverklebte und unvernähte Papierscheide mit der man den Schnitt testen kann. Also um das Messer legen und ggf. noch ein paar Korrekturen vornehmen.

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Wenn die Schablone in Ordnung ist kann man die Form mit Hilfe eines Kugelschreiber auf des Leders übertragen. Dabei beachten, auf welche Seite die Gürtelschlaufe soll!!!

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Tipp: es empfiehlt sich auch zwei Markierungen für die Mittellinie mit auf das Leder zu übertragen. Dann hat man gleich die benötigte Orientierung für die Faltnuten, die später kommen.

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Nun kann man das Leder mit Hilfe eines scharfen Messers und einer geeigneten Unterlage ausschneiden.

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Anmerkung: Beim Schneiden dieses festen und starken Leders kann man einiges über wahre Schärfe und geeignete Schneidgeometrien für bestimmte Anwendungsfälle lernen ;-)

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Gürtelschlaufe und Faltnuten

Damit sich das Leder nicht allzusehr gegen die Beugung am Messerrücken entlang sträubt kommen nun 5 Nuten in das Leder. Zwei innen vom unteren Rand des Leders bis zum geplanten Griffanfang, welche etwas über einer halben Klingenstärke von der Mitte verlaufen und 2 innen welche etwa eine halbe Griffstärke davon entfernt vom oberen Klingenende bis etwa 1,5cm unterhalb des Scheidenmundes gehen. Dazu kommt noch eine, auf der glatten (Außen-) Seite Leders entlang der späteren Biegung der Gürtelschlaufe.

Ich habe diese Nuten mittels eines kleinen verstellbaren Teppichmessers gut ein Drittel tief ins Leder geschnitten.

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Danach wird die Gürtelschaufe mit Kleber versehen, umgeschlagen, und fixiert.

Wenn der Kleber einigermaßen fest ist --- bei dem von mir verwendeten so ca. nach 20min --- kann man beginnen die späteren Löcher für das Vernähen der Schlaufe vorzuzeichnen.

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Tipp: Wer Wert auf akkurat im gleichbleibenden Abstand zueinader stehende Löcher legt, kann die Markierung auch mit Hilfe eines Zirkels oder eines speziellen Nahtabstandsmarkierers vornehmen.

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Für die Löcher verwende ich einen 1,5mm Bohrer in meinem Dremel Multi. Da ich kein geeignetes Futter für den feinen Durchmesser habe, wickle ich vor dem Einspannen etwas Papier um den Schaft. Zum Bohren von Leder funktioniert der Papiertrick ganz gut.

Beim Verwendung des Dremel Tools auf jeden Fall in der langsamsten Stellung und zügig bohren, da sonst das Leder zu verbrennen anfängt und seine Geschmeidigkeit im Umfeld des Loches verliert, was später das Durchziehen der Nadel zur Qual werden lassen kann.

Um ein Durchreiben der Naht zu verhindern, habe ich zwischen den Löchern wieder eine Nut geschnitten, welche eine Tiefe von etwa 2/3 Fadendurchmesser hat.

Nachdem der Kleber fest ist und die Löcher vorhanden sind, kann man sich an das Festnähen der Schlaufe machen.

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der Stich

Ich nehme für meine Ledernäharbeiten immer den dargestellten Stich. Dazu führt man das Garn durch das erste Loch, so das man auf einer Seite mindestens eine Länge von Länge der Naht + Anzahl der Löcher * (Länge der Löcher + Fadenstärke) und auf der anderen Seite dieselbe Länge + Nadellänge bis zum Öhr + Fadenstärke + 3cm hat. Langer Formel kurzer Sinn, ich nehme etwa die doppelte Nahtlänge auf beiden Seiten.

Für den eigentlichen Stich sticht man durch das Loch, geht einmal um das Garn der Gegenseite, geht zurück durch das Loch und zieht den ineinander verschlungenen Teil zurück in das Loch. Je nach Situation gebe ich dabei bei jedem, bei jedem zweiten oder auch nur bei jedem dritten Stich kurz vor dem zurückziehen ins Loch einen kleinen Tropfen Klebstoff auf die Verbindungsstelle der Fäden und ziehe diesen mit ins Loch. Dadurch werden die Fäden sowohl miteinander als auch mit dem Leder veklebt und es besteht nicht die Gefahr, daß beim durchscheuern eines Stückes Faden gleich die ganze Naht auftrennt.

Der Stich in das letzte Loch wird auch verklebt, der Faden auf der sichtbaren Seite durch das vorletzte Loch auf die andere Seite gebracht und auch in diesem Loch verklebt. Dann wird der Faden abgeschnitten, die kleinen verbliebenden Enden werden aufgefranst, mit etwas Kleber versehen und auf das Loch plattgedrückt.

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der Naßformung erster Teil

Bis hierher haben wir lediglich ein Stück komisch geformtes Leder mit einer Schlaufe daran. Damit das Ganze auch einmal die Form einer Scheide bekommt, wird das Leder jetzt naßgeformt.

Dazu wird das Leder mit heißem Leitungswasser naß --- nicht triefend naß, aber mind. so, daß sich das Leder dunkel verfärbt --- gemacht und um das Messer gefaltet. Nun drückt man das nasse Leder fest mit den Finger an das Messer und modeliert so dessen Form in das Leder.

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Achtung: Beim Formen auf die Fingernägel aupassen, damit man nicht auch deren Kontour mit in das Leder hinein modelliert.

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Nachdem die Messerform klar im Leder erkennbar ist, nimmt man das Messer wieder heraus, trocknet es gründlich ab und wartet bis das Leder wieder trocken ist.

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die Zwischeneinlage (Keder)

Wärend des Trocknungsvorganges kann man sich an die Zwischeneinlage für die Scheide machen. Diese sollte aus einem recht starken und festem Stück bestehen. Ich habe dazu das weiter oben abgebildete Schuhsolenleder gewählt.

Dazu zeichnet man die Schneidenkontur des Messers auf dem Leder ein und schneidet entlang dieser Kontur ein etwa 2,5cm breites Stück aus. Man beachte den leichten Schwung nach innen, den die Innenkontur der Einlage über dem Fingerschutz macht. Dieser Schwung soll später einen Widerstandspunkt für den Fingerschutz darstellen und so mithelfen ein Herausfallen des Messers zu verhindern.

Nach dem Ausschneiden sollte man die die genaue Passung zwischen Klinge, Einlage und Scheide noch einmal überprüfen und ggf. optimieren. Die Außenkontur der Scheide ist uns momentan noch egal, die wird später zurechtgeschliffen. Wenn alles paßt kann man die Einlage auf der zu klebenden Seite etwas aufrauhen (mittels Stahlbürste z.B.) und mit der Innenseite des äußeren bzw. inneren Teiles der Scheide verkleben. In der Anleitung von Loveless wird die Einlage mit der äußeren Seite verklebt; ich habe aber die dem Gürtel zugewandte Seite gewählt.

Wenn der Kleber trocken ist kann man sich wieder an das Markieren und Bohren der Löcher machen. Genäht wird an der der Schneide zugewandten Seite. Auch hier habe ich wieder auf beiden Seiten eine Rille zum versenken der Naht mit angebracht. Diesmal allerdings nicht mittels eines Messers, sondern mit Hilfe eines kleinen Kugelkopffräsers (Durchmesser: ~1,3mm) und des Dremels.

Bevor man nun mit dem Nähen anfängt sollte man noch die jetzige Oberseite der Einlage etwas aufrauhen, um sie für das spätere zusammenkleben der Scheide vorzubereiten. Vergißt man das Aufrauhen in dieser Phase müßte man es später bleiben lassen, über den Faden oder mühsam darum herum schleifen bzw. bürsten.

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die Scheide schließt sich

Nach der Befestigung der Einlage kann man die Scheide zusammenkleben. Ich habe die Klebestellen zusammengefügt während sich das Messer in der Scheide befand, um sicherzustellen, daß es auch später noch fest hineinpaßt. Klebstoff trocknen lassen, Löcher markieren und bohren, Nut fräsen und nähen.

Anschließend wird die Verbindungsstelle zwischen Vorderseite, Einlage und Rückseite mit Hilfe eines geeigneten Schleifmittels nivelliert, in Form gebracht und vorgeglättet. Ich habe dazu mit dem Bandschleifer 40er, dann 80er und mit der Hand 180er und 320er Körnung geschliffen. Um auch gerade zu schleifen habe ich beim Handschliff kleine Schleifpapierstücke ausgeschnitten und mittels doppelseitigem Klebeband auf ein Stück festes Leder geklebt.

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der Naßformung zweiter Teil

Nachdem nun alles zusammengefügt ist führt der Weg zurück zum Warmwasserhahn. Das Leder wird wieder naß gemacht, das Messer kommt in die Scheide und man formt die Konturen des Messers im Leder nocheinmal nach. Danach --- auch bei sog. rostfreiem Stahl --- das gründliche Abtrocknen des Messers nicht vergessen. Die Gerbstoffe aus dem Leder und das warme Wasser fordern sonst ihren Tribut.

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das Finish

Als erstes habe ich die Kanten des Leders --- als es noch nicht ganz trocken war --- mit einem feuchten Baumwolltuch geglättet. Dazu mit mittlerem Druck mehrmals --- immer in der selben Richtung --- mit dem Tuch über die Kanten des Leders fahren um die Fasern damit glatt zu legen.

Nachdem das Leder trocken war wurden die Kanten mit etwas schwarzer Schuhcreme eingefärbt. Nachdem die Creme getrocknet und auspoliert war, kam etwas Bienenwachs darauf, welches ich mit Hilfe eines Fönes erwärmt und in die Kanten einziehen habe lassen.

Schlußendlich bekam die gesamte Scheide noch eine Behandlung mit schwarzer Schuhcreme. Wenn diese sauber auspoliert ist, ist die Scheide fertig.

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das Ergebnis

Die Scheide trägt sich sehr angenehm, verschwindet unter einem etwas längeren Pullover oder einem außen getragenem Hemd, sie hält das Messer sicher, auch wenn man die Kombination kopfüber schüttelt fällt es nicht heraus, und trotzdem läßt sich das Messer leicht entnehmen und zurückstecken. Ich bin 'mal wieder sehr zufrieden mit mir ;-)

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Links zum Thema

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